Stolz und die Balance der Bescheidenheit: Jans, Sandras und Karls Weg zur Selbstwahrnehmung
Es gibt Momente im Leben, in denen wir stolz auf uns selbst sein könnten und es auch sein sollten, doch für viele Menschen fühlt sich Stolz oft unangemessen oder falsch an.
Besonders Frauen lernen oft früh, bescheiden zu sein, „das Veilchen im Moos“ statt „die stolze Rose“. Doch Stolz ist mehr als nur eine Emotion – er ist die Anerkennung unserer eigenen Bemühungen und Widerstandskraft, selbst bei Misserfolgen.
Die richtige Balance zwischen Stolz und Bescheidenheit zu finden, ist oft wie ein Drahtseilakt. Es geht nicht darum, unsere Fähigkeiten überzubetonen, aber auch nicht darum, uns kleiner zu machen, nur damit andere sich wohler fühlen.
Das wirft Fragen zum Thema Stolz auf:
- Warum fällt es uns so schwer, stolz auf uns selbst zu sein?
- Warum neigen Menschen manchmal dazu, andere kleinzumachen oder deren Erfolge nicht zu würdigen?
- Warum sind wir oft stolzer auf andere als auf uns selbst?
Um diese Fragen zu beantworten, schauen wir uns drei Menschen an, die eine unterschiedliche Beziehung zum Thema Stolz haben: Jan, Sandra und Karl.
Jan, der „Klugscheißer“ bei der Arbeit
Jan, 36 Jahre alt, ist ein talentierter und fleißiger Mitarbeiter, der sich immer wieder als „Klugscheißer“ bezeichnet sieht. Seine Kolleginnen und Kollegen werfen ihm oft vor, besserwisserisch zu sein, selbst wenn er nur versucht, hilfreiches Wissen zu teilen.
Obwohl Jan weiß, dass er gut in seinem Job ist, lässt ihn die ständige Kritik an seinem Auftreten seine eigene Herangehensweise infrage stellen.
Jans Problem liegt darin, das richtige Maß zu finden, wann er sein Wissen teilen sollte und wann es besser ist, sich zurückzuhalten. Sein Stolz auf seine Leistungen treibt ihn dazu, sich einzubringen, doch die Art, wie dies bei anderen ankommt, entspricht nicht seinen Erwartungen. Dieses Missverständnis zwischen seinem Wunsch zu helfen und dem, wie er wahrgenommen wird, lässt ihn sich oft missverstanden fühlen.
Jans Situation zeigt, wie Stolz, wenn er übermäßig ausgedrückt wird, als Arroganz ausgelegt werden kann. Doch wenn Jan sich komplett zurücknimmt, würde er sich selbst kleinmachen, um anderen zu gefallen.
Die Lösung für Jan liegt in der Selbstreflexion: Als Jan ins Coaching kommt, will er lernen, den richtigen Moment abzupassen und sein Gegenüber besser zu verstehen. Er übt, erst zuzuhören und dann zu reden. Alles in ausgewogenem Maße.
Statt sich nun ständig aus Angst vor Ablehnung komplett zurückzuhalten, sucht er den Dialog, stellt Fragen und lädt andere dazu ein, ihre Meinung mit ihm zu teilen. So kann er sein Wissen vermitteln, ohne den Eindruck zu erwecken, dass er sich über andere stellt. Er ist erstaunt, wie schnell sich das Verhältnis zu seinen Mitmenschen nicht nur bei der Arbeit, sondern auch privat verbessert.
Nun wird Jan auch häufig mal um Rat gebeten, was er schon gar nicht mehr für möglich hielt. Er fühlt sich mit seiner Welt verbunden und gewertschätzt.
Diese „neue“ Balance aus seinem Coaching wird ihm in Zukunft nicht nur helfen, sich selbst für seine Beiträge zu schätzen, sondern auch als Teamplayer und Ratgeber wahrgenommen zu werden.
Sandra, das unsichtbare Talent
Sandra, 45 Jahre alt, fliegt schon immer unter dem Radar. Sie ist eine Person, die ihre Arbeit gewissenhaft erledigt, aber nie das Rampenlicht sucht. Ihr umfangreiches Wissen und ihre Fähigkeiten bleiben oft unbemerkt, weil sie selten nach vorne tritt, um sich zu zeigen.
Sandras Bescheidenheit ist vielleicht bewundernswert, führt aber auch dazu, dass sie sich oft unterbewertet fühlt. Es folgen depressive Phasen, in denen sie sich selbst nicht mag und für feige hält.
Für Sandra war Stolz immer eine stille Angelegenheit – sie fühlt sich zufrieden mit ihrer Arbeit, zeigt dies aber nur selten anderen. Diese Selbstverleugnung könnte auf früh erlernte Verhaltensmuster zurückgehen, in denen Bescheidenheit als Tugend galt und das Hervorheben eigener Erfolge verpönt war.
Doch dieses ständige Zurückhalten führt bei ihr zunehmend zu Frustration. Sandra erkennt in ihrem Coaching, dass sie zwar nicht ihre Erfolge hinausposaunen muss, aber dennoch das Recht hat, ihren eigenen Wert anzuerkennen.
Ihr Weg zu einer gesünderen Beziehung zum Stolz beginnt damit, zu verstehen, dass Stolz nicht mit Prahlerei gleichzusetzen ist. Es geht um Selbstvalidierung und die Erkenntnis, dass ihre Beiträge von Bedeutung sind.
Sandra lernt ihren Fokus von der Wahrnehmung anderer hin zu ihrer eigenen Selbstwahrnehmung verlagern. Sie kümmert sich um „ihre eigenen Dinge“. Raus aus dem Vergleich. Was auch bedeutet, sich nicht immer zu überlegen, wie sie wohl bei anderen ankommt oder wer sich unwohl fühlt und Probleme mit Ihren Erfolgen haben könnte.
Indem sie sich ein wenig mehr ins Licht stellt, konnte sie anfangen, ihren Wert zu behaupten, ohne ihre Bescheidenheit aufzugeben. Sandras Geschichte zeigt, dass gesunder Stolz nicht laut sein muss, aber eben auch nicht verborgen bleiben sollte. Sie grinst und sagt: „Ich bin stolz, dass ich mich an dieses, für mich schwere Thema herangetraut habe. Das Coaching hat mein Leben sehr positiv verändert.“
Karl, Stolz der Weisheit der Erfahrung
Karl, 58 Jahre alt, hat im Laufe seines Lebens viele Erfahrungen gesammelt – sowohl Erfolge als auch Misserfolge haben seine Perspektive geprägt. Mit all dieser Weisheit im Gepäck war er lange Zeit jemand, der ungefragt Ratschläge erteilte, in dem Glauben, dass seine Erfahrungen anderen helfen könnten, Fehler zu vermeiden. Karl meinte es von Herzen immer gut – aber das haben andere nicht so empfunden.
Das Gegenteil von gut ist:
gut gemeint!
Mit der Zeit stellte Karl fest, dass seine Ratschläge nicht immer willkommen waren. Stattdessen fühlten sich seine Worte oft wie „Ratschläge“, also „Schläge“, für diejenigen an, die sie empfingen.
Karl kam ins Coaching, weil sich das Verhältnis zu seinen erwachsenen Kindern und auch zu einem langjährigen Freund sehr verschlechtert hatte. Er hatte das Gefühl, etwas falsch zu machen und wusste nicht, was es genau war. Karl wollte so gerne helfen und unterstützen mit seinem Wissen und keiner wollte seinen Rat oder seine Erfahrung. Im Gegenteil, er hatte das Gefühl, er wurde sogar bewusst nicht mehr einbezogen in wichtige Themen. Er fühlte sich traurig, irritiert und isoliert.
Nach eingehender Reflexion im Coaching erkannte Karl, dass seine ungefragten Ratschläge oft als Kritik wahrgenommen werden, auch wenn sie gut gemeint sind. Sein Stolz auf seine Lebenserfahrung überschattete das Bedürfnis der Menschen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.
Karl wollte üben, dass manche Menschen einfach nicht bereit sind, Ratschläge anzunehmen, selbst wenn sie aus einem liebevollen und fürsorglichen Ort kommen. Er lachte am Ende sogar herzlich und sagte: „Ich wollte es ja auch auf meine Weise machen und habe nie auf irgendwen gehört“!
Heute wartet Karl ab, bis er um seine Meinung gebeten wird, bevor er sie äußert. Er hat gelernt, dass wahre Weisheit darin besteht, zu wissen, wann man spricht und wann man schweigt. Bestenfalls fragt er sogar einfach vorher, ob sein Gegenüber eine Rückmeldung möchte. Karls Reise zeigt uns, dass Stolz auf eigene Erfahrungen mit Geduld und Demut geteilt werden kann. Er hat die Kunst des Abwartens gelernt – eine Lektion, von der wir alle profitieren können.
Warum fällt uns Stolz so schwer?
Die Geschichten von Jan, Sandra und Karl zeigen, dass Stolz eine sehr persönliche und facettenreiche Emotion ist. Wenn wir Stolz richtig verstehen und damit umgehen, kann er uns große Zufriedenheit und Erfüllung bringen.
Doch oft kämpfen wir mit dem Stolz, weil wir Angst vor dem Urteil anderer haben – entweder, dass wir als arrogant wahrgenommen werden oder dass unsere Leistungen nicht anerkannt werden.
Ein Grund, warum manche Menschen andere kleinmachen anstatt sich mit ihnen zu freuen, liegt in Unsicherheit. Wenn jemand anderes glänzt, werden die eigenen Unsicherheiten sichtbar.
Dieses ständige Vergleichen führt zu einem Kreislauf, in dem, anstatt Stolz auf sich selbst zu entwickeln, versucht wird, andere herabzusetzen, um sich besser zu fühlen. Es ist eine Falle, die echten Selbstwert verhindert.
Auf der anderen Seite fällt es uns oft leichter, stolz auf andere zu sein, weil das weniger riskant ist. Die Erfolge anderer zu feiern, setzt uns nicht dem Vorwurf aus, überheblich zu sein.
Doch dieser äußere Stolz darf nicht die innere Selbstbestätigung ersetzen, die wir alle brauchen.
Fehler und Scheitern können genauso wertvoll sein wie Erfolge, oft sogar noch lehrreicher.
Hier sind einige Gründe, warum wir auch auf unser Scheitern stolz sein dürfen:
1. Wachstum durch Erfahrung
Fehler sind die besten Möglichkeiten, um zu lernen. Wenn wir scheitern, sammeln wir Erfahrungen, die uns helfen, in Zukunft bessere Entscheidungen zu treffen. Stolz auf Fehler zu sein bedeutet, anzuerkennen, dass diese uns helfen, zu wachsen und zu reifen. Wir lernen oft mehr aus unseren Niederlagen als aus unseren Erfolgen, weil sie uns zwingen, innezuhalten, nachzudenken und uns selbst weiterzuentwickeln.
2. Mut, Risiken einzugehen
Scheitern ist oft das Ergebnis von Mut, Risiken einzugehen und neue Wege zu beschreiten. Wer nie scheitert, hat vielleicht nie gewagt, etwas Neues auszuprobieren oder seine Komfortzone zu verlassen. Stolz auf einen Fehler zu sein bedeutet auch, stolz auf den Mut zu sein, sich ins Ungewisse gewagt zu haben anstatt aus Angst vor dem Scheitern nichts zu tun.
3. Durchhaltevermögen
Scheitern kann eine Herausforderung für unsere psychische Stärke sein. Wenn wir auf unsere Fehler und Rückschläge zurückblicken, können wir stolz auf unsere Resilienz sein – die Fähigkeit, nach einem Scheitern wieder aufzustehen und es erneut zu versuchen. Jeder Rückschlag, den wir überwinden, stärkt unsere innere Widerstandskraft und macht uns stärker für die Zukunft.
4. Verantwortung übernehmen
Wenn wir Fehler machen und daraus lernen, zeigen wir Verantwortung und Reife. Anstatt Ausreden zu finden oder die Schuld auf andere zu schieben, können wir stolz darauf sein, die Verantwortung für unsere Handlungen zu übernehmen. Dies zeigt Selbstbewusstsein und den Willen zur Verbesserung.
5. Kreative Lösungen – Stolz entsteht auch aus Fehlern
Einige der größten Innovationen und Entdeckungen der Geschichte entstanden durch Fehler. Wenn wir uns erlauben zu scheitern, öffnen wir die Tür zu neuen Wegen und kreativen Lösungen, die wir sonst vielleicht nie entdeckt hätten. Stolz auf Fehler zu sein bedeutet, sich selbst die Freiheit zu geben, außerhalb der Normen zu denken und unerwartete Wege zu finden.
6. Akzeptanz der eigenen Unvollkommenheit
Niemand ist perfekt, und das ist in Ordnung. Auf Fehler stolz zu sein bedeutet, sich selbst als Mensch zu akzeptieren – mit all den Stärken und Schwächen. Es zeigt, dass wir unsere Unvollkommenheit nicht als Schwäche, sondern als Teil unseres Weges betrachten, der uns einzigartig macht.
Fehler und Scheitern bieten uns die Chance, unsere mentale und emotionale Stärke zu entwickeln. Sie sind der Beweis dafür, dass wir den Mut haben, unser Bestes zu geben, auch wenn es nicht immer perfekt läuft. Indem wir stolz auf unsere Rückschläge sind, nehmen wir sie als notwendigen Teil des Lebens an und ebnen den Weg für künftige Erfolge.
Die Kunst der Balance
Die Geschichten von Jan, Sandra und Karl lehren uns, dass Stolz eine empfindliche Balance ist. Wir müssen weder unsere Fehler noch unsere Fähigkeiten verstecken oder uns kleiner machen, um andere nicht zu verunsichern. Gleichzeitig müssen wir nicht ständig alles zeigen, was wir wissen oder können.
Echter Stolz kommt von innen – es ist die stille Anerkennung unserer Bemühungen, unserer Widerstandskraft und unseres Wachstums. Wenn wir diese Balance finden, können wir stolz sein, ohne arrogant zu wirken, bescheiden bleiben, ohne uns selbst zu schmälern und weise handeln, ohne belehrend zu sein.
Wenn Sie sich in diesen Geschichten wiederfinden und Schwierigkeiten haben, die feine Linie zwischen Stolz und Bescheidenheit zu navigieren, könnte es Zeit sein, Ihre eigene Beziehung zu Selbstwert und Stolz zu reflektieren.
Coaching kann Ihnen ganz sicher dabei helfen, Ihre eigenen Werte klarer zu sehen und sie authentisch auszudrücken.