Mein ganzes Potenzial ausschöpfen? Nein danke!
Jeden Tag hören und lesen wir, wie wir noch effizienter werden, wie wir unser Potenzial, besser ausschöpfen können…doch wenn wir alles ausschöpfen, was bleibt dann für uns? Leere?! Müssen wir alles, was wir können, auch tun oder daraus Kapital schlagen?
Besser nicht! Denn dann bleibt keine Zeit für uns selbst und zack, ist das Leben vorbei. So schnell wie ein Urlaub, eine Party oder ein Treffen mit einem lieben Menschen: Vorher freut man sich so sehr darauf und dann ist es auch schon wieder vorbei; das nächste Treffen, eine gute Party oder ein erneuter Urlaub erst wieder in zwei Monaten oder sogar erst im nächsten Jahr geplant. Denn mehr Zeit bleibt oft nicht für die guten Dinge. Wichtiger, als seine Potenziale auszuschöpfen und seine Zeit noch effizienter zu planen ist es daher, die eigene Lebenszeit unseren inneren Wünschen und Bedürfnissen anzupassen.
Intelligenz schützt nicht vorm Verzetteln
Das klappt auch nicht besser, wenn wir intelligent sind und voller Power stecken. Im Gegenteil, denn dann wird die Auswahl an Potenzialen und Talenten sowie Tätigkeiten, denen man nachgehen könnte, wenn man denn wollte, immer schwerer.
Wir kennen das aus einem Restaurantbesuch: Stehen 50 Gerichte zur Auswahl, haben wir Mühe, eines auszuwählen. Selbst wenn die Entscheidung gefallen ist, hadern wir oft noch, ob wir nicht doch besser den anderen Hauptgang genommen hätten. Der klang doch auch so lecker. Sind dagegen nur drei Gerichte auf der Karte, können wir eine klare Entscheidung treffen.
Sind Sie schon im richtigen Job angekommen?
Im Beruf geht es vielen ähnlich. Je mehr man eigentlich könnte, desto stärker das Gefühl, es ist nie das Richtige dabei. Das ist aber nur eine Frage des Fokus‘. Wenn wir uns richtig fokussieren, können wir entweder den aktuellen Job so gestalten, dass er zu uns passt oder mit viel mehr Klarheit einen neuen finden und auswählen, in dem wir endlich ankommen können.
Aber wie aufmerksam sind wir? Haben wir alles beachtet oder sind wir gedanklich wieder mal im Porsche an den schönen Blumen am Wegesrand vorbeigesaust? Machen wir immer das, was uns gerade einfällt ode folgen jedem Impuls? Oder bleiben wir, wenn etwas erfolgreich ist, auch einfach mal stehen und überlegen:
Das kann ich gut – muss ich deshalb aber trotzdem nicht machen!
Stellen Sie sich mal ein paar gute Fragen, um Klarheit bei Ihrem Thema zu schaffen. Das muss nicht unbedingt der Job sein. Die Fragen sind eigentlich auf alle Lebensbereiche übertragbar.
• Will ich das?
• Darf ich das?
• Soll ich das?
• Kann ich das?
• Muss ich das?
Erfolg kann man sich erarbeiten, heißt es immer so schön. Aber wie definieren wir Potenzial und Erfolg? Meine Erfahrung: Wir sind oft in gewisser Weise sinnlos gierig nach mehr. „Die erste Millionen verdient sich schwer und dann geht’s“, wird immer gewitzelt. Auch im kleinerem Format ist es genau so. Was zunächst utopisch erscheint, wird erreicht und zack, gleich muss es weiter aufs nächste Level gehen. Dabei kann man grundsätzlich nicht mehr als eine Millionen in einem Leben ausgeben. Okay, vielleicht schon, wenn man sich anstrengt, aber wozu drei oder vier Autos, zwanzig Paar Schuhe oder eine noch gehobenere Position?
Soll das Leben vor allem anstrengend sein?
Anstrengung scheint eh die Devise schlechthin zu sein: „Von nix kommt nix“ oder „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, deshalb wird versucht, auf den Erfolg schon von Kindesbeinen an hinzuarbeiten. In der Schule fängt das bereits an: Ein Kind sitzt ewig an den Hausaufgaben, während ein anderes schon draußen spielt. Beide kommen am nächsten Tag mit gemachten Hausaufgaben. Sie sind quasi fast gleich leistungsfähig, der eine spielt allerdings schon und ist ganz woanders – vielleicht aber auch schon bei der Klavierstunde. Abgesehen davon, dass davon nicht der berufliche Erfolg abhängt – wie verbringt das jeweilige Kind seine Zeit?
Worauf ich abzielen möchte, ist ein Phänomen, welches mir im Laufe der Jahre immer wieder begegnet ist: Die Vielplanerei. Und dann verfolgen wir auch noch oft ungebremst und ungeprüft die Pläne unserer Eltern, der Gesellschaft, des Partners, der Kinder oder die vom Chef. Alles planen wir – auch unsere Freizeit lässt sich planen –, aber das Leben kann man nur bedingt planen. Es wird gelebt!
Potenzial-Pläne im Konjunktiv
Und ja klar, ich selbst plane auch sehr viel. Ohne geht es auch nicht mit Unternehmen, Kunden und Familie, aber einige meiner Pläne sind ausschließlich im Konjunktiv formuliert. Sie sind somit manchmal nur ein gut gedachtes Experiment – was mir, zugegeben, aber auch viel Freude macht. Vertane Zeit? Vielleicht nicht zwingend sinnvoll investierte Zeit, aber definiere sinnvoll – für mich gehört es zu meinem Leben dazu.
Andere Pläne wiederum sind zu detailliert. So verschwenden wir im Alltag Zeit mit Dingen, die Kraft kosten und für uns selbst gar nicht relevant sind. Wenn wir „nur funktionieren“, gerade bei den Millionen kleinen Aufgaben, die wir uns auferlegen, kommt es oft zur Erschöpfung.
Potenziale ausschöpfen oder Erschöpfungszustand und Burnout?
Wir müssen nicht studieren, nur weil wir intelligent sind. Wer ein Instrument hervorragend spielen kann, muss keine Konzerte geben. Wer singt wie ein Engel, muss nicht zu Dieter Bohlen und Superstar werden. Unsere Kompetenz mit Menschen muss uns nicht zur Führungskraft machen. Vieles, was wir richtig gut können, kann und darf auch unser eigener Schatz bleiben. In dem Moment, in dem Talent gefördert und gefordert wird, stirbt es manchmal im inneren des Menschen, in dem es wohnt.
Wenn wir also unser Leben effizient ausschöpfen – ja dann ist es kein Wunder, wenn wir müde sind und uns die innere Ruhe abhanden kommt. Wir überfordern uns selbst und rennen immer weiter. Angetrieben von dem Bedürfnis bedeutsam zu sein, Ergebnisse zu erzielen oder auch einfach durch die Fürsorge für unsere Lieben.
Ein Kunde sagte mir kürzlich: „Irgendwo im normalen Wahnsinn ist mir mein Leben abhanden gekommen.“ Sein Tag sei immer viel zu schnell vorbei und meist bestünde er nur aus Arbeit. Sogar im privaten Bereich fühle sich alles nur nach Arbeit an.
Regeneration statt Potenzial-Optimierung
Statt immer weiter zu optimieren, fangen Sie an, Ihr Leben zu regenerieren. Lassen Sie mal einen Auftrag weg. Geld fließt uns aus einer reichen Quelle stetig zu. Lachen Sie nicht bei diesem Satz! Sie sind früher auch schon mal mit weniger ausgekommen, oder?
Verzichten Sie auf den Applaus, auch wenn Sie das Projekt so gut geleitet hätten. Lassen Sie Ihr Kind mal machen und stolz sein, dass es das alleine geschafft hat. Machen Sie nicht die Butter auf’s Brot – auch wenn der Kanten dann nicht so gut aussieht wie das von Ihnen zubereitete Sandwich.
Auch ich kenne dieses Gefühl zu denken, wenn ich das mache, geht es schneller, zu wissen, was alles noch gehen könnte. Was ich alles noch eben schnell mal machen könnte, auch noch erfolgreich, wenn ich mich richtig „reinknie“. Ich will aber oft auch nicht mehr. Denn es bringt meistens gar nichts. Zwar füllt sich vielleicht das Konto, aber glücklicher und zufriedener werden wir dadurch auch nicht. Genauso können wir jetzt auch noch mehr auf die Ernährung achten und mehr Sport treiben, dann sind wir noch sportlicher und noch schlanker und dann? Es ist nicht so einfach, „nicht noch mehr oder sogar weniger zu wollen“ und „etwas gehen zu lassen“. Man kann es lernen und es lohnt sich. Ich versichere Ihnen, es wird Ihr Leben positiv verändern.
Loslassen üben und Potenzial genießen lernen
Ich bin auch noch lange nicht am Ziel und übe immer weiter: Einfach mal einen Workshop streichen, auch wenn ich ihn so gut leiten kann, damit Geld verdiene und er viele Menschen weiterbringt. Ich verzichte damit auch auf die Anerkennung. Wofür? Zum Beispiel um mit dem jüngsten meiner vier Kinder für fünf Tage Skifahren zu gehen. Die Beine in der Gondel baumeln zu lassen und zu staunen. Zu staunen, dass ich mir die Chance gebe, mein Leben so zu genießen. Genuss ist auch eine Frage von Planung, denn er braucht Raum, und Mut…und Mut tut gut. Eine zunächst völlig verrückte Idee, die nun wieder mal mein Herzensprojekt wird.
Wählen Sie aus. Suchen Sie nach Ihrer Substanz. Sie tragen den Schlüssel zur persönlichen positiven Veränderung in sich. Setzen Sie sich auch mal in den Lift für Ihr Leben und schauen sich den Glitzer in Ihrer Welt an – ob im Schnee, in den Bergen oder auf dem Wasser am Meer: Every life could use a little magic!
Denn für ein schönes Leben müssen Sie keine Weltreise machen –
Sie wollen: wieder bei sich selbst ankommen!
Also los! ;-)